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Bedeutung des Rechtsanwalts

Anlässlich einer Diskussion bei meinem Vortrag "Einführung in die Rechtswissenschaft" für Wirtschaftswissenschaftler an der FHW Berlin im Jahr 2000 ging es um Fragen der Gerechtigkeit.

"...Bei den  Naturvölkern habe es einen einfacheren Weg gegeben: Dort hätten sich die Kontrahenten um den Stammesältesten versammelt, neben beiden eine Heuschrecke in einer Holzkiste platziert. Der Stammesälteste habe dann den Deckel geöffnet und derjenige, in dessen Richtung die Heuschrecke sprang, habe den Rechtsstreit gewonnen..."

Ein Professor ergriff das Wort und verkündete provokativ: Man müsse sich fragen, ob sich Aufwand und Ergebnis in Gerichtsverfahren  eigentlich im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Bilanz rechneten. Aufwändige Verfahren endeten schließlich oft mit fragwürdigen Ergebnissen. Bei den  Naturvölkern habe es einen einfacheren Weg gegeben: Dort hätten sich die Kontrahenten um den Stammesältesten versammelt, neben beiden eine Heuschrecke in einer Holzkiste platziert. Der Stammesälteste habe dann den Deckel geöffnet und derjenige, in dessen Richtung die Heuschrecke sprang, habe den Rechtsstreit gewonnen. Statistisch würde so immerhin erreicht, dass in 50% der Fälle der „Richtige“ gewinne. Man müsse sich die Frage stellen, ob unsere Verfahren eine ebensolche Quote erreichen würden.

 

Nun: Es gibt sicher keine belastbaren Statistiken über „richtige Urteile“. Fraglich erscheint auch, was ein „richtiges“ oder gerechtes Urteil ist. Selbst nach Abschluss langwieriger Verfahren wird man hierüber trefflich streiten können.

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Daher wird auch im Rechtsstaat im Ergebnis nicht immer Gerechtigkeit erzielt, aber: kann dies tatsächlich der Anspruch sein, den es zu erfüllen gilt? Nein. Im Rechtsstaat wird Gerechtigkeit manchmal nicht im materiellen Sinn erreicht, sondern über legitime Verfahren. Dies ist etwas anderes und bedeutet:

Nur wenn das Verfahren zur Rechtsfindung transparent und fair ist, können auch die Ergebnisse legitim und in diesem Sinne ,richtig’ sein. Der Anspruch auf rechtliches Gehör, das Recht auf den gesetzlichen Richter, die Beschwerde, Rechtmittel und Rechtsbehelfe sind Teil dieses Verfahrens. 

 

Nur mit einer engagierten rechtlichen und taktischen Vertretung ob im Prozess oder außergerichtlich wird ein Gegengewicht zum (oft als zu Recht übermächtig empfundenen) Staat geschaffen.

 

Nur durch intensive Interessenwahrnehmung im Verfahren selbst und außergerichtlich kommt es am Ende zu legitimen und akzeptablen und daher in diesem Sinne „richtigen“ Ergebnissen.

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